Therapie-Akquise
Im Wirtschaftsteil des Bussy Baer Observers wird diese Woche ein Beruf aus der branchenuebergreifenden Meta-Branche "Auftragsvermittlung" beleuchtet: Der Akquisiteur spielt im Schatten der Wirtschafts- und Arbeitsmarktflaute in mittlerweile diversen Berufsfeldern den nicht mehr auswechselbaren Libero. Dabei erfordert der Beruf in jeder Branche sehr spezielle Qualifikationen.

Gorak Assimov ist seit 1982 ausgebildeter Akquisiteur fuer private Psychiatrie-Praxen. "Die Kunden-Akquise ist eine Art Spiegelwirtschaft.", gibt Assimov zu, "In den 80er und 90er Jahren ging es den Leuten so gut, dass sie ganz von selbst auf die Idee kamen, Plemplem zu sein. Die Praxen der Psychiater waren ueberflutet. Die Nachfrage nach professioneller Akquisition war sehr gering. In schlechteren Zeiten wie diesen muss man schon eher einmal nachhelfen."

Gorak Assimov, der Jahrelang nebenberuflich als Schausteller in einer Geisterbahn beschaeftigt war, nutzte die verbesserte Situation auf dem Arbeitsmarkt. Heute geht er als Aussendienstmitarbeiter fuer namhafte Psychiater von Tuer zu Tuer. "Viele Kollegen setzen nach wie vor auf einfache Tricks aus dem Lehrbuch.", erklaert Assimov kopfschuettelnd, "Aber um in der Psychiatrie als Akquisiteur konkurrenzfaehig zu bleiben, muss man sich schon etwas mehr einfallen lassen, als das heimliche Umparken des Einkaufswagens im Supermarkt oder das bewehrte Zahnplomben-Radio." Assimovs Theorie: Der potentielle Psychiatrie-Patient will ueberrascht werden. Ufo-Entfuehrungen und blutende Heiligenbilder sind fuer ihn Schnee von Gestern. "Im April konnte ich einen geistig voellig gesunden buddhistischen Moench uebrzeugen, fuenf Therapiewochenstunden zu nehmen, indem ich an einem Tag zweihundert Leute engagierte, die ihn stumm anstarrten und auf ihn zeigten, sobald er an ihnen vorbeiging.", berichtet Assimov stolz. Vorausschauende Planung ist ein wichtiger Verbuendeter im Kampf um den Kunden. "Vergangenes Jahr habe ich sechzehn alte Frauen in Hamburg ueberreden koennen, ihren eigenen Tod vorzutaeuschen. Ich rechne fest damit, dass ich einen Grossteil der hinterbliebenden Kindern und Enkeln im November fuer ein Jahresabonnement in einer Selbsthilfegruppe uebrzeugen kann, wenn ich die Grossmuetter in Indianerkostuemen durch ihre Bueroflure laufen lasse."
 

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